Vorschlag zur Diskussion (weitere Stellungnahmen ausdrücklich erwünscht)

von Helmuth (18.08.2025)

(Im folgenden ist das Wir ist ein Fiktives, soweit vom beschlossenen LiFo Konsens abgewichen wird)

Wir begrüßen jeden Waffenstillstand zur Beendigung des Tötens in der Ukraine. Denn wir haben schon im Sommer 2023 argumentiert, dass dieser Krieg zu nichts anderem führt, als zu seiner Fortsetzung. Weder war ein Gewinn der russischen Armee eine irgendwie wahrscheinliche Option noch ein Sieg über Russland. Die Toten und anderen Folgen dieses Krieges waren schon damals vorhersehbar umsonst bzw. Ausgangspunkt eines sich permanent erweiternden destruktiven Prozesses, der weit über den Kriegsschauplatz hinaus Wirkung haben würde. Unsere Stellungnahme damals war von vielen Vorwürfen begleitet. Von Seiten der Oldenburger Friedensbewegung, die mit uns nicht diskutieren wollte, weil wir den Verzicht auf den Einsatz von geächteten Waffen und außerhalb des Kriegsgebiets auf unserer Forderungsliste hatten. Und von den Grünen und Teilen der Klimabewegung, weil wir die ukrainische Verteidigung nicht voraussetzungslos unterstützten.

Schon im Sommer 2023 haben dagegen wir argumentiert, dass jede Fortführung des Krieges nur zur Umwandlung beider Gesellschaften (der russischen und der ukrainischen) in eine Kriegsökonomie führen wurde. Mit entsprechenden Produktionsschwerpunkte, die eben nicht die besten Versorgung der Bevölkerung im Blickpunkt haben, und mit entsprechender hierarchisch autoritärer Gesellschaftsstruktur, denn eine Kriegsökonomie lässt keinen Platz für offene Diskussion, freiheitliche Entwicklung und individuelle Experimente. Beides ist in einem erschreckenden Maße in Russland und auch in der Ukraine geschehen. Und wir haben vorhergesagt, dass die Fortführung des Krieges zu einer Umwandlung auch weiterer Gesellschaften in diese Richtung führen wird. Auch dieses hat sich leider bewahrheitet, siehe die gigantischen Aufrüstung und das rechte Rollback in Europa.

Wir haben schon im Sommer 2023 vorhergesagt, dass die Fortführung des Krieges zu einem wachsenden Dammbruch in der Nutzung und dem Einsatz von Waffen führen wird, insgesamt zu einer Banalisierung und Bagatellisierung des Krieges. Auch dieses ist leider genauso eingetreten. Inzwischen wurde der Einsatz von Streumunition und Landminen von NATO Ländern als mögliche Form der Kriegsführung übernommen, ein schrecklicher Rückfall in eine barbarische Form der Kriegsführung. Der Einsatz von Drohnen mit ihrem permanenten Schrecken ist massiv ausgeweitet wurden. Anfangs speziell von Seiten der russischen Armee, später dann auch von Seiten der ukrainischen mit entsprechenden Kriegsfolgen. Die Ukraine ist inzwischen nach Russland zu einem Hauptproduzent von Drohnen geworden, entsprechende Kooperationsvereinbarung mit der deutschen Rüstungsindustrie sind kurz vor dem Abschluss. Insgesamt ist die Bombardierung von anderen Ländern ohne Kriegserklärung zu einem halb-probaten Mittel der Außenpolitik avanciert.

Gleichzeitig haben wir vorhergesagt, dass dieser Krieg zu einem Zerfallen des Westens führen wird und internationale Institutionen schwächen dürfte. Auch in dieser Hinsicht haben wir Recht gehabt. Dies betrifft nicht nur die wachsende Frontstellung zwischen den Regierungen der europäischen Ländern und der Trump Regierung. Es betrifft auch die Rolle der EU Institutionen, die inzwischen hinter dem fragilen Bündnis der französischen, englischen und deutschen Regierungen zurückgetreten ist, und international kaum mehr auftritt. Hier droht ein weitgehender Zerfall der europäischen Integration mit Schwerpunktverlagerung in ihre ökonomische Schwerpunktländern, was für die weitere Entwicklung eine große Bürde sein dürfte.
Zerfallen ist aber auch die Macht der internationalen Institutionen wie der Sicherheitsrat der UNO, der internationale Gerichtshof bzw. Internationale Strafgerichtshof. Letztere werden inzwischen offen von der US- und russischen Regierung attackiert, ohne dass dies zu irgendeiner erkennbaren Reaktion auf Seiten der europäischen Regierungen führen würde.

Die Fortführung des Krieges so unsere These würde eine ökologische und ökonomische Katastrophe für die Ukraine für die nächsten Jahrzehnte bedeuten. Auch diese These hat sich leider bewahrheitet. Insgesamt hat der Krieg eine massive ökologische Belastung dargestellt, ob durch den Einsatz von spritfressenden Panzer, die Bombardierung von Erdölraffenerien, die Sprengung des Kachowka-Staudamms und die massiven Zerstörungen von Häusern und Straßen in der gesamten Ukraine. Indirekt auch sicher durch die Verminung von größeren Flächen in der Ukraine selbst. Der Krieg hat die Ukraine weiter entvölkert, durch Flucht und durch den Tod sovieler Menschen und ihre Schulden in eine astronomische Summe gesteigert, die zwangsweise zum Ausverkauf der Rohstoffe und aller anderen verkaufbaren Produkte führen wird. Eine positive Entwicklungsmöglichkeit für die Lebenswirklichkeit der ukrainischen Bevölkerung ist angesichts dieser Belastungen kaum vorstellbar. Schon die psychische Bewältigung der Kriegsjahre, der erlittenen körperlichen und psychischen Traumen und der erst geweckten und jetzt zerplatzten Illusionen werden schwer auf der Bevölkerung liegen und es ist unklar, ob darunter überhaupt eine soziale Stabilität sich wieder einstellen wird. Und jede ukrainische Regierung wird finanziell in ihrer Handlungsfähigkeit so eingeschränkt sein, dass alles andere als ein komplettes staatliches Sparprogramm mit entsprechender Auswirkung auf die Renten, Gesundheitsversorgung und Sozialprogramme schon wegen der Schuldentilgung nicht vorstellbar ist. Die Behauptung einer Verteidigung der praktisch vorhandenen Freiheit durch Fortführung des Krieges war angesichts dieser Tatsachen eine Fehlannahme. Was die Folge einer nicht annähernd so hohen Verschuldung bedeuten kann, wurde eindrucksvoll für Griechenland während der Finanzkrise zur Schau gestellt.

Der Krieg begann als Dystopie, er blieb eine Dystopie während seiner Führung, auf die niemand einen beendenden Einfluss haben wollte, außer eine Gestalt wie Donald Trump und Staaten des globalen Südens, und er begründet eine Dystopie autoritärer Herrschaft und wachsender Verarmung auf beiden Seiten der kriegsführenden Nationen. Denn vielen Aspekte, die für die Ukraine gelten, lassen sich auf das russische Regime verallgemeinern und ist es keineswegs klar, was in Russland nach Beendigung des Krieges sozial, ökonomisch und politisch geschehen wird.

Wir haben als komplett illusionäre Perspektive den Wunsch formuliert, dass der Krieg dadurch enden könnte, dass die Soldaten beider Seiten sich die Hände geben und aufhören zu schießen. Zu diesem Ende ist es sehr absehbar aber leider nicht gekommen. Wir akzeptieren die Kritik an der offensichtlichen Hilfslosigkeit dieses Gedankens ohne ihn deshalb als beste Entwicklung aufzugeben.

Wir bleiben dabei, dass beidseits der Grenzen, wo auch immer sie am Ende der Verhandlungen verlaufen werden, wir auf Seiten derer stehen, die sich für Freiheit, Gleichheit, Fürsorge und Kooperation engagieren, in Missachtung dessen, was von Herrschenden geschaffene Linien durch Landstriche bedeuten sollten. Wir bleiben auch dabei, dass unsere Wunschperspektive für die Ukraine kein neoliberales Bodenschätze-Ausbeutungsprogram und keine billige Werkbank für die Produktion von Kriegsgütern ist, sondern eine fürsorgliche und kooperative Gesellschaft mit großen Teilen genossenschaftlicher und ökologisch nachhaltiger Produktion. Eine gleiche Vision sehen für für die russische Gesellschaft, wenn einmal das Regime Putins beseitigt ist.

Was diesen schrecklichen Krieg betrifft, bleiben wir auch dabei, dass die vielen toten, verletzten, traumatisierten Menschen und die Zerstörungen von ganzen Landstrichen nicht ohne Folgen bleiben dürfen. Kein Frieden ohne juristische Verurteilung der Verantwortlichen, kein Frieden ohne Wahrheitskommission zur historischen und wissenschaftlichen Aufarbeitung des Krieges.