
Pikettys Thesen zur Verbreitung der „nativistischen“ Rechten in der westlichen Welt
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referiert durch Prof. Helge Peters
am 26.11.23, 11.00 Uhr, Donnerschweer Straße 55
Thomas Piketty will die Verbreitung der „nativistischen“ Rechten in der westlichen Welt erklären. Unter „nativistisch“ versteht er eine politische Orientierung, die auf die Abgrenzung der als homogenes Volk verstandenen eigenen Gesellschaft von Fremden abzielt. Nach Piketty lassen sich die gegenwärtig in der westlichen Welt verbreiteten politischen Gruppierungen entlang zweier Dimensionen beschreiben: 1. Egalitär vs. inegalitär und 2. Internationalistisch vs. nativistisch. Mit Hilfe dieser Dimensionen lässt sich ein Vier-Felder-Schema konstruieren, dem sich die in der westlichen Welt verbreiteten politischen Gruppierungen zuordnen lassen:
1. Internationalistisch, egalitär: Linke, 2. Internationalistisch, inegalitär: Liberale, 3. nativistisch, egalitär: Extreme Rechte, 4. nativistisch, inegalitär: Konservative.
Die Verbreitung der politischen Orientierungen der an dritter Stelle genannten Gruppierungen erklärt Piketty mit Hinweisen auf die in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen sozial-ökonomischen Ungleichheit. Dem habe die Linke – Piketty meint hier vor allem die Sozialdemokratie – nicht hinreichend entgegengewirkt. Ihre klassische Wählerschaft habe sich deswegen von ihr abgewandt. Es habe sich in ihr eine politische Hoffnungslosigkeit verbreitet. Sie sei empfänglich für immigrationsfeindliche Diskurse und nativistische Ideologien.
Als Mittel, das gegen die skizzierte Entwicklung eingesetzt werden sollte, empfiehlt Piketty eine europaweite Politik der Steuerprogression. Die auf diese Weise generierten staatlichen Ressourcen sollten vor allem bildungspolitisch genutzt werden. Piketty hat allerdings wenig Hoffnung, dass „Europa“ dieser Empfehlung folgt. Nationale Egoismen verhinderten dies.
In der zweiten Hälfte der Veranstaltung soll über praktisch-politische Fragen zur AfD gesprochen werden.
Hier kann der Vortragstext aufgerufen werden

Buchbesprechung: Leggewie/ Meier: Nach dem Verfassungsschutz
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Buchbesprechung zu
Claus Leggewie, Horst Meier: Nach dem Verfassungsschutz – Plädoyer für eine neue Sicherheitsarchitektur der Berliner Republik
am 21. Mai, 11 Uhr, in der Donnerschweer Straße 55
Nicht zuletzt seit der NSU-Mordserie und einem Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen steht die Rolle des Verfassungsschutzes als geheimer Hüter der Verfassung und Schützer der Demokratie in der Kritik. Trotz aller Skandale ist der Verfassungsschutz aber auf Bundes- wie Landesebene durch zusätzliche Stellen und Überwachungsmöglichkeiten gestärkt worden: Er soll die Demokratie und den Staat vor den ganz Rechten bewahren! Einher geht diese Abwehr gegen „Extremisten“ mit Grundrechtseinschränkungen für diejenige, die in das Visier des Verfassungsschutzes geraten (siehe unten).
„Lebenslüge vom ‚Frühwarnsystem'“
Leggewie und Meier ziehen diese Methode der Demokratierettung in Zweifel und propagieren stattdessen die Freiheit, „harsche Kritik zu üben“: „Robuste Toleranz, die nicht ‚ewige Werte’ beschwört, sondern demokratische Spielregeln hochhält, kann verbalradikale ‚Extremisten‘ besser integrieren als jede autoritäre Maßnahme. Das Haus des Grundgesetzes hat viele Wohnungen.“ (Seite 10). Sie setzen sich umfassend mit Geschichte und Funktion des Verfassungsschutzes und mit der „Lebenslüge vom ‚Frühwarnsystem“ auseinander. Anschließend entwerfen sie eine „Skizze einer neuen Sicherheitsarchitektur“.
Leider hat dieses Buch aus dem Jahr 2019 neue Aktualität erhalten, weil eine neue Welle von „autoritären Maßnahmen“ droht:
Grundrechtseinschränkungen - ein Mittel , um „Extremisten“ abzuwehren?
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