Zusammenbruch der Wasserversorgung in Kabul
Lebensgefühl und Hoffnungsindex in Afghanistan
Helmuth (03.08.2025)
Zusammenbruch der Wasserversorgung in Kabul
In den letzten 10 Jahren ist der Grundwasserspiegel Kabuls um 25 bis 30 Meter gesunken. Laut UNICEF-Prognosen werden die Grundwasserbohrungen bis 2030 versiegen, was zu bis zu 3 Millionen Einwohner aus Kabul vertreiben könnte. Schon heute sind Kinder damit beschäftigt, statt Schulbesuch Wasser auf langen Weg und mit langer Wartezeit zu besorgen, da die regierenden Taliban es Frauen verbieten, allein auf die Straße zu gehen. Kabul droht die erste Hauptstadt der Welt zu werden, deren Wasserreserven vollständig erschöpft sind, was eine Katastrophe mit weitreichenden Folgen wäre.
Für die drohende Katastrophe gibt es drei Gründe: Nach Invasion des Westens 2001 wurde die Lebenssituation auf dem Lande durch die Taliban so unsicher, dass viele Menschen nach Kabul flüchteten. Dort bildete sich zudem durch die westlichen Gelder, die ins Land flossen, eine lebendige Ökonomie aus. Kabuls Einwohnerzahl explodierte von 1 Mio. im Jahr 2001 auf knapp 6 Millionen in 2025.
Ein paralleler Ausbau der Wasserversorgung wurde weitgehend ignoriert bzw. privatisiert. Die reicheren Haushalte, die Hotels und Fabriken bohrten daraufhin ca. 120.000 unregulierte Wasserleitungen und entwässern damit inzwischen das Grundwasser Kabuls fast doppelt so schnell, wie es sich auf natürliche Weise wieder auffüllen könnte.
Der Klimawandel verschärft diese Krise. Die Niederschläge im ganzen Land sind deutlich reduziert. Im Winter 2023/24 z.B. fiel im Vergleich zu den Vorjahren nur 45 bis 60 Prozent des durchschnittlichen Niederschlags. Fehlender Schnee und damit geringere Schneeschmelze – die Hauptquelle für Kabuls Grundwasserneubildung – haben den Grundwasserspiegel Kabuls auch unabhängig vom Abzapfen des Wassers stark sinken lassen.
Inzwischen sind wegen fehlendem staatlichem Wassermanagement bis zu 80 % des Kabuler Grundwassers mit Abwässern, Giftstoffen und gefährlich hohen Konzentrationen von Chemikalien wie Arsen und Nitraten verunreinigt, so dass selbst noch fördernde Brunnen für Menschen nur ungenießbares Wasser produzieren.
Für die Kabuler sind die Wasserpreise astronomisch gestiegen, was zu weiterer Verarmung führt. Private Wasserversorgungsunternehmen nutzen die Situation aus, um große Mengen „öffentlichen“ Grundwassers aus umliegenden Regionen zu sammeln, nach Kabul zu transportieren und dort zu hohen Summen weiterzuverkaufen. Kabuls Wasserkrise ist ein Versagen der Regierungsführung und der Infrastrukturplanung. Sie ist zudem ein Vorbote eines klimabedingten städtischen Zusammenbruchs als Wechselspiel zwischen westlichem Lebensstil, reaktionärer, vorbürgerlicher Gesellschaftsstruktur und fehlender gesellschaftlicher Planung bzw. privatem Akkumulationsinteresse.
Quelle: https://www.mercycorps.org/sites/default/files/2025-05/crisis-analysis-team-kabul-water-april-2025.pdf
Lebensgefühl und Hoffnungsindex in Afghanistan
Kriege haben tiefgreifende Auswirkungen auf das Wohlbefinden, was über das Kriegsende hinaus anhält. Eine Wissenschaftlergruppe untersuchte diese Frage anhand einer repräsentativen Stichprobe von 4127 Afghanen, die die letzten Phasen des Afghanistan-Krieges und seine Folgen erlebt haben. Ihr Ergebnis zeigt, dass die Lebenszufriedenheit der Afghanen nach Kriegsende im Jahr 2022 deutlich gesunken ist. Zwei Drittel gaben eine Lebenszufriedenheit von 0 oder 1 auf einer Skala von 0 bis 10 an. Vergleicht man dieses Ergebnis mit anderen vergleichbaren aus mehr als 170 Länder zwischen 1946 und 2022, dann ist der durchschnittliche Lebenszufriedenheitswert in Afghanistan nach der Machteroberung der Taliban der niedrigste jemals verzeichnete Wert. Auch die durchschnittliche Höhe auf der Hoffnung sank 2022 in Afghanistan auf ein extrem niedriges Niveau.
Der Rückzug der westlichen Länder mag also das Ausmaß der physischen Gewalt auf dem Lande verringert haben, weil den Taliban kein nennenswert bewaffneter Gegner mehr gegenüberstand. Aus der Sicht der Zivilbevölkerung und noch mal speziell der Frauen hat sich die Lebensqualität aber dadurch verschlimmert. Eine Veränderung ist ohne Sturz des Talibanregimes nicht zu erwarten. Im Westen interessiert das aber nach dem Ende der Verteidigung der Freiheit am Hindukusch niemand mehr. Dank also an alle CDU und SPD Abgeordnete, die diese Tragödie mitverantwortet haben und heute die Verteidigungsausgaben auf 5 % des BIPs steigern! Damals standen den westlichen Armeen ca. 50.000 bewaffnete Taliban entgegen, heute unterstützt niemand den durchaus vorhandenen Widerstand der Bevölkerung gegen diese auch nur mit einem Cent. Damals flossen alleine aus Deutschland 38 Mrd. Gelder für im weitesten Sinne den Ausbau der Infrastruktur. Heute droht Kabul der Wassernotstand.
Quellen: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.ads4156
https://www.bundestag.de/resource/blob/881198/27fd4f597e1d4ee43350aafffc6f%209d8c/WD-2-062-21-pdf-data.pdf